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Schamanismus– Was ist das? Welche Bedeutung hat er in der heutigen Zeit?
Interview mit Nicole U. Langenberg von Katrin Zill, women's edition
Auf dem Goldmarie-Event 2006 habe ich sie kennen gelernt und war beeindruckt von dieser Persönlichkeit: Schamanin Nicole U. Langenberg aus Köln. Bis dato hatte ich keine Ahnung, was Schamanismus ist und dachte dabei eher an einen Medizinmann eines Indianerstammes aus den Karl-May-Büchern.

Schamanismus – was ist das und welche Bedeutung hat er in der heutigen Zeit? Nicole U. Langenberg öffnete mir ein Fenster in eine interessante und für mich neue
Welt.
            
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WE: Auf dem Event habe ich dich erlebt und konnte mir nicht erklären, was da passiert. Was genau ist eigentlich Schamanismus?


Nicole U. Langenberg kleine-baerin
Langenberg: Schamanismus ist die älteste Heilkunst, die es gibt, seit Heilung auf der Welt notwendig geworden ist. Man findet sie auf der ganzen Welt, auf jedem Kontinent und nicht nur, wie in unserer Gesellschaft oft geglaubt wird, bei den Indianern. Durch seinen großen ganzheitlichen Ansatz wird Schamanismus auch die Ur-Mutter aller Religionen genannt, ohne selbst eine Religion zu sein.

Er beschäftigt sich mit dem großen Heilgedanken, dem Weltheilgedanken, der Suche nach ganzheitlichem Heil. Schamanismus geht davon aus, daß alles (auch Steine, Pflanzen, Dinge...) eine Seele hat und alles miteinander verbunden ist.

Durch seinen großen ganzheitlichen Ansatz wird Schamanismus auch die Ur-Mutter aller Religionen genannt, ohne selbst eine Religion zu sein.


WE
: Und wie funktioniert Schamanismus, wenn man das so ausdrücken darf?


Langenberg
: Es gibt nicht DEN Schamanismus. Aber bei wohl den meisten Schamanen gibt es acht Himmelsrichtungen: Nord, Süd, Ost, West, Oberwelt, Unterwelt, Zukunft und Vergangenheit. Der Schamane bewegt sich in diese Richtungen nach seinem freien Willen und sehr gezielt. Im Gegensatz zu psychisch Kranken beispielsweise. Die verirren sich in diesen Welten und finden allein nicht zurück. Und das möchte ich gleich zu Anfang betonen: Kranke brauchen Therapie. Meine Arbeit ersetzt definitiv keinen Arzt, Therapeuten oder Heilpraktiker! Selbstheilung kann ich aber auch nicht ausschließen.


WE
: Was sucht oder findet der Schamane in diesen Welten? Wozu dienen sie?


Langenberg
: Wir können dort z. B. Krafttiere oder andere geistige Helfer treffen oder den Lebensgarten finden. Das hilft, Fragen beantwortet zu bekommen hinsichtlich Blockaden, Muster oder körperlicher Beschwerden, die der Klient hat. So kann er ganz gezielt an sich arbeiten und Wege finden, die Blockaden zu lösen oder mit Beschwerden umzugehen. Der Klient verschafft sich Klarheit über sich selbst. Schamanen treten hierbei als Mittler zwischen den Welten auf.


WE
: Was ist denn ein Krafttier?


Langenberg: Ein Krafttier kann jedes Tier, dass Du kennst, oder auch ein Fabelwesen sein. Manche behaupten, jeder Mensch hat nur ein Krafttier. Ich habe definitiv mehrere und dann wird das auch bei anderen so sein. Doch wenn meine Klienten ihr Krafttier zum ersten Mal kennen lernen, dann meist erst einmal nur eins. Das Krafttier ist quasi unser bester Freund auf den wir uns 100%ig verlassen können, der immer nur zu unserem Besten handelt und uns genau das bietet, was wir gerade brauchen.


WE
: So wie ein Schutzengel?


Langenberg
: Ja. Es führt dich auf deinen Wegen, manchmal auch auf Wege, die du erst nicht verstehst. Diesen Weg anzunehmen, ist ein Lernprozess, den du durchlaufen kannst. Oft haben Klienten den Glaubensatz, dass sie z.B. immer den dunklen Weg wählen müssen, damit sie etwas lernen. Das muss nicht so sein, dann führt das Krafttier auf den hellen Weg und zeigt, was es da Gutes gibt.


WE
: Wie reagieren deine Klienten, wenn sie ihr Krafttier kennen lernen?


Langenberg: Sie suchen oft nach Erklärungen und ich werde dann etwa gefragt, „warum ist mein Krafttier dies oder das und welche Bedeutung hat das?“. Ich stehe ihnen in ihrem Unverständnis bei, doch ich liefere keine Interpretationen. Alle Tiere haben alle göttlichen Eigenschaften in sich, davon gehe ich aus. So können die Eigenschaften eines Tiers, die für denjenigen gerade wichtig sind, sehr unterschiedlich sein.


WE
: Wie ist das zu verstehen?


Langenberg: Nehmen wir zum Beispiel einen Elefant. Der kann für den einen ein Elefant im Porzellanladen sein, sprich: umwerfend. Er kann aber für einen anderen auch stark sein und sich mit seinen Stoßzähnen überall durchbeißen. Dann könnte er beispielsweise für einen weiteren Klienten an die familiären Qualitäten erinnern oder vielleicht an das Tier mit höchst empfindsamen Fußsohlen.


WE
: Wie läuft deine Kommunikation zwischen den verschiedenen Welten und deinen Klienten ab?


Langenberg: Zum Beispiel durch Trommelreisen. Dieses Ritual findet man überall auf der Welt, in jeder Kultur. Es ist also nichts Neues - genauso wie es in Deutschland schon immer Schamanen gab. Trommelreisen praktizieren auch katholische Mönche. Sie nennen es nur nicht Schamanismus.


WE
: Was genau passiert bei so einer Trommelreise?


Langenberg: Ich trommle, du reist. Wichtig dabei ist, vorher eine klare Absicht, z.B. “Ich möchte mein Krafttier treffen“, für diese Reise zu formulieren, um sich nicht zu „verlaufen“. Eine schamanische Trommelreise kann auf all deine Fragen zu Beruf, Muster, Partnerschaft, Schmerzen und so weiter Antworten geben und heilsame Wege aufzeigen, die eine sofortige Lösung bedeuten und eine gute Energiequelle darstellen! Dabei dienen dir mein Trommeln und deine Absicht als Gefährt und „ent-führen“ dich, deine Selbstbestimmtheit wahrend, aus deinem Kopf auf deinen ganz persönlichen, heilsamen Weg. Jeder erfährt dabei genau so viel, wie gerade für ihn gut ist, nicht mehr und nicht weniger.

Ich selbst gebe dabei meinen Klienten keine Antworten. Ich unterstütze sie nur dabei und lehre sie, diese Reisen für sich selbst zu praktizieren. Ich selbst kann nicht heilen, außer mich selbst. Allerdings kann ich gut treffende Fragen stellen und anderen ihren Spiegel vor die Nase halten – mein Ziel ist es, den Mensch als Ganzes wahr zu nehmen und das allein kann schon viel bewirken. Viele Menschen kennen es nicht, wirklich gesehen zu werden und mit allem, was sie mitbringen, willkommen zu sein.


WE: Ich habe gelesen, jeder Mensch würde eine Anlage zum Schamanen in sich tragen. Was hältst du davon?

Langenberg
: In meinen Augen wird jeder als Schamane geboren, nur geht nicht jeder bewusst damit um, bewahrt den Zugang dazu und übt sich darin. Ich möchte jeden daran erinnern. Mir hat man die damit verbundenen Fähigkeiten zum Glück nicht aberzogen. Mein Vater ist ein katholischer Geistlicher, und ich bin damit sehr spirituell groß geworden und meiner Oma mütterlicherseits sagt man das 3. Auge nach. (Anm.d.Red.: Das 3. Auge bedeutet, sehr sichtig, hellsichtig zu sein, wahrnehmen zu können.) Dies wurde mir wohl vererbt.

Ich sehe manchmal Menschen, die nicht leibhaftig da sind, die aber von meinen Klienten, wenn sie in meine Sitzungen kommen, unbewusst mitgebracht werden. Das gibt mir gute Hinweise darauf, wohin ich mit dem Klienten schauen darf. Wenn es passt, rede ich mit dem Klienten auch ganz offen darüber, aber manche würde das verschrecken.


WE
: Bist du dann rund um die Uhr „auf Empfang“?


Langenberg: Nein, ich „schamanisiere“ nicht den ganzen Tag herum, schließlich habe ich auch noch mein Leben. Außerdem würde das nach meinem Empfinden Manipulation bedeuten. Ich arbeite nur mit den Menschen, die mir dazu eine Einladung gegeben haben. In meinen Workshops möchte ich meine Klienten ein Stück weit auf den Weg bringen und freue mich dann, wenn sie allein weitergehen.

Es ist mir wichtig, dass jeder seinen Weg geht und ich achte darauf, dass mir keiner folgt. Mein Weg ist nicht dein Weg. Ich schicke Klienten weg, die standhaft mir die Verantwortung für ihr Glück übertragen wollen und denen ich partout nicht vermitteln kann, dass nur ihr eigener Weg für sie selbst heilsam ist. Bis jetzt ist aber noch jeder wieder gekommen.


WE
: Hast du Menschen, die nicht leibhaftig da sind, immer schon wahrnehmen können?


Langenberg: Ja. Als Kind war das für mich völlig normal. Die Leute haben dann allerdings komisch drauf reagiert und ich habe es für mich behalten. Ich wusste damals schon, dass ich eine Aufgabe im Leben habe. In der Pubertät wollte ich dann „normal“ sein. Als meine Eltern sich trennten, hatte ich auch genug mit mir selbst zu tun, aber meine Fähigkeit hat mich wieder eingeholt. Irgendwann kamen immer mehr Menschen auf mich zu und baten mich, mit ihnen zu arbeiten, weil sie Vertrauen in mich haben. Mein erster Workshop war quasi eine Privatveranstaltung. Ich habe einen Raum gemietet und all jene eingeladen.


WE: Und wie war die erste Trommelreise?

Langenberg: Das Erlebnis war wunderbar und ich war damit als Seminarleiterin geboren. Ich habe bei vielen verschiedenen Schamanen gelernt. Zu Anfang bei einem „Ur-Schamanen“, der in Amerika in eine Schamanenfamilie geboren wurde und später bei einem Stadtschamanen. Ersterer verwendet sehr viel Kräuter und andere Utensilien in seiner Arbeit, das war mir schon fast zu viel. Der Stadtschamane zeigte mir dann, dass Schamanismus auch sehr pur sein kann, ohne viel Drumherum. Das war für mich erst einmal perfekt, später fehlten mir die Kräuter irgendwie doch und ich fand meine eigene Dosis. Da lernte ich nochmal, wie wichtig es ist, nicht anderen zu folgen, sondern meins zu finden. Worauf es mir wirklich ankommt, ist die eigene Haltung. Ich sorge in erster Linie für mich, um dann für andere wahrhaftig da sein zu können.


WE: Wie wird der Schamanismus in der heutigen Zeit eigentlich angenommen?

Langenberg: Die Menschen kommen zu mir, weil sie merken, dass ich ihnen keinen Hokuspokus verkaufe. Ich bin bei all dem auch sehr bodenständig. Für meine Sitzungen und Workshops bereite ich kein Konzept vor, ich bringe das mit, was ich bin und was ich habe, alles andere wäre nicht authentisch und würde mich unfrei machen für das, was jeder Einzelne mitbringt und was gesehen werden will.

Zugang zu den Menschen bekomme ich zum einen über Massagen oder Tanzmeditationen, die ich u. a. auch anbiete. Die Leute merken dabei schnell, es geht noch um mehr. Andere entdecken meine Website und schreiben mich darauf hin an. Zudem komme ich mit Menschen schnell in sehr vertrauensvolle Gespräche. Viele kennen es von sich nicht, dass sie sich so schnell öffnen können und werden dadurch auch offen für das, was sie zunächst erst einmal für sehr esoterisch und abgefahren halten. Mein unendliches Vertrauen in den Schamanismus ist spürbar.


WE: Wenn das Interesse geweckt ist, womit kommen die Menschen dann in deine Seminare und Einzelsitzungen?

Langenberg: Mit großen Fragen, Unzufriedenheiten, mit viel Trauer, Entscheidungen, die sie vor sich herschieben und jede Menge Angst und Selbstzweifel. Oft fragt man mich: „Was habe ich in der Sitzung zu erwarten?“. Das weiß ich vorher nicht. Es gibt kein Rezept. Ich stelle mich auf jeden Klienten und jede Situation neu ein. Keine Begegnung verläuft wie eine andere. Ich lerne dabei jede Menge selbst und so arbeite ich mit jeder Sitzung an mir selbst. Mein Ziel ist, dass jeder seine eigenen Fähigkeiten entdeckt und erkennt, wie fast unglaublich viel er für sich selbst bewirken kann. Alles was ich tu, tu ich für mich selbst.


WE: Wenn du immer an dir selbst arbeitest, bist du dann irgendwann „ausgewachsen“?

Langenberg
: Nein, hoffentlich nicht. Ich habe selbst noch sooo viel zu tun! Ich werde immer weiter lernen bis zum Tod und vielleicht noch darüber hinaus.

Wichtig ist mir, immer mein Herz zu überprüfen. Warum mache ich das? Kann ich loslassen? Wer entscheidet, was für den Klienten wirklich gut ist? Was genau ist „gut“? Wie viel Ego spielt mit? Ich gehe selbst immer wieder in Seminare, um mich selbst zu überprüfen und eine Egowäsche durchzuführen.

Mich beschäftigt auch: Was genau ist „helfen“? Darf man helfen? Wenn ich zum Beispiel den Zug verpasse und dadurch einen interessanten Menschen kennen lerne, hätte ich diese Erfahrung nicht gemacht, wenn ich den Zug nicht verpasst hätte. Die Frage ist also, darf man überhaupt ins „System“ eingreifen? Oder: kann/darf ich mich aus dem „System“ herausziehen?

Ich kann für mich und meine Arbeit sagen, ich helfe nicht, sondern ich begleite. Meine Klienten helfen sich selbst.


WE: 2007, ein Jahr der guten Veränderungen. Welche Wünsche und Ziele hast du?

Langenberg: Ich freue mich riesig auf zwei Wochenendseminare „Mit der Natur kuscheln“ in der Eifel und ich plane die Produktion einer eigenen Trommelreise-CD. Ich lebe im Schamanismus meine Berufung, und auch wenn mich hin und wieder mal Angst überkommt, so gibt es auch immer wieder ganz viel Unterstützung und deutliche Hinweise, dass dies mein Weg ist. Dafür danke ich!

WE: Vielen Dank für das Gespräch.



Das Interview führte women´s edition Herausgeberin Katrin Zill. Foto: Nicole U. Langenberg © Copyright
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